Befangenheit – Gefälligkeitsgutachten – Vertrauenswürdigkeit

Befangenheit – Gefälligkeitsgutachten – Vertrauenswürdigkeit

Befangenheit – Gefälligkeitsgutachten – Vertrauenswürdigkeit 150 150 Herbert Mayr

Frau Rat Dr. Maria Wittmann-Tiwald | Präsidentin des Handesgerichtes Wien hat in  Sachverständige – Heft 03/2020 einen sehr guten und treffenden Artikel verfasst. Hierzu zwei wesentliche Auszüge:

3. Vertrauenswürdigkeit

[…] Die Vertrauenswürdigkeit wird als persönliche Eigenschaft des bzw der Sachverständigen gesehen. Sie ist eine Voraussetzung für die Eintragung in due Gerichtssachverständigenliste (§2 Abs2 Z1 lit e SDG) und auch bei der Rezertifizierung zu prüfen (§6 Abs2 SDG [Verweis auf die Eignungsvoraussetzung]) sowie im Falle der Entziehung der Sachverständigeneigenschaft nach §10 SDG (§10 Abs1 Z1 SDG). Hierzu gibt es eine umfangreiche Rechtsprechung des VwGH, der die Kriterien für die Vertrauenswürdigkeit verfeinert hat. Auf folgende Kriterien kommt es an (alles Zitate aus den Entscheidungen): Es geht um die Erwartungen der rechtsuchenden Bevölkerung an eine bzw einen in der Gerichtssachverständigenliste eingetragenen Sachverständigen. In manchen Entscheidungen wird auf die Berufs- und Standesregeln abgestellt. Weiteres Kriterium, das den besonders strengen Prüfmaßstab zeigt: Es darf kein leisester Zweifel an der Gesetzestreue, Korrektheit, Sorgfalt, Charakterstärke und Pflichtbewusstsein bestehen. Subjektive Elemente wie Entschuldigungsgründe sind irrelevant – der Entzug der der Sachverständigeneigenschaft ist keine Bestrafung, sondern eine Maßnahme, die das Funktionieren der Rechtsprechung sichern soll. Ein sehr strenger Maßstab bedeutet, dass auch ein einmaliges gravierendes Fehlverhalten schadet. Das Fehlverhalten muss nicht im Zusammenhang mit der Sachverständigeneigenschaft stehen; wenn dies aber der Fall ist, dann zählt dieser Umstand schwer. […]

4. Gefälligkeitsgutachten

[…] Vielleicht fühlen sich manche Sachverständige, die seriös arbeiten, geschäftlich ungeschickt, weil sie einen Ermessungsspielraum ausreizen und ein besseres Ergebnis für die Auftraggeberseite darstellen zu können. Jedoch: Verlässlichkeit und Standfestigkeit, auch allfällige für den Auftraggeber oder die Auftraggeberin unangenehme Gutachtensergebnisse mitzuteilen, haben einen großen Wert. Man mag über ein ungünstiges Gutachten zunächst nicht erfreut sein, aber die Klarheit einer Aussage ermöglicht es, das weitere Handeln danach auszurichten, und eröffnet nicht selten die Möglichkeit, einen größeren Schaden zu vermeiden. Eine derart seriöse, fachliche fundierte Linie bestärkt die Vertrauenswürdigkeit einer bzw eines Sachverständigen. […]

Link Sachverständigenverband: Standesregeln der Gerichtssachverständigen

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